Sonne, Wind und die Abenddämmerung – ein märchenhafter Inspirationsspaziergang

Published by Laura Kier on

Nicht alle Märchen wurden von Generation zu Generation mündlich überliefert, bis jemand sie aufschrieb. Es gibt auch sogenannte Kunstmärchen. „Die kleine Meerjungfrau“ von Hans Christian Andersen oder „Die Geschichte von Kalif Storch“ von Wilhelm Hauff sind nur zwei von vielen dieser Kunstmärchen. Auch meine Märchen gehören zu dieser Literaturgattung. Doch warum schreibe ich Märchen und woher kommt die Inspiration dazu?

Märchenträume

Schon als Kind habe ich es geliebt, wenn meine Mutter oder meine Oma meiner Schwester und mir Märchen vorgelesen haben. Unser altes Märchenbuch steht natürlich weiterhin in meinem Bücherregal. Laut meiner Familie habe ich früh angefangen eigene Geschichten zu erzählen oder weiterzuspinnen. Der Weg zum Schreiben war da für mich nicht weit. So bin ich auch in die Welt der Märchen gestolpert. 2008 war meine erste Veröffentlichung die Ur-Version meiner Perlmuttschmetterlinge. Heute flattern mir immer wieder neue Märchenideen unter die Schreibfeder. Vor allem bei Spaziergängen durch die Natur.

Weshalb ich vor allem durch kleine Ausschnitte auf neue Ideen komme, obwohl ich die Wege schon unzählige Male gegangen bin, möchte ich dir bei meinem Spaziergang im letzten Herbst zeigen. Gerade der Herbst ist für mich eine spannende Jahreszeit. Eine Mischung aus Blumen, Früchten und bunten Blättern, dazu ein weicheres Licht als im Sommer … und schon werden neue Ideen geboren. Komm mit, lass dich auf einen meiner Lieblingsfeldwege entführen.

Ein Spaziergang

Blätter und Sonnenstrahlen am Feldweg

Blätter und Sonnenstrahlen am Feldweg

In der goldenen Stunde ist das Licht besonders schön zum Fotografieren, leider hatte ich nur meine kleine Kamera dabei, aber dennoch zeigen die Bilder, warum ich die Natur liebe, um mich inspirieren zu lassen.

Kuhweide

Ein umgekippter Baum auf der Kuhweide

Baumstamm

Baumstamm mit abgeblätterter Rinde


Mit Tieren und vor allem mit umgekippten Baumstämmen funktioniert das „Was-Wäre-Wenn“-Spiel besonders gut. Wer hat hier einen neuen Unterschlupf gefunden? Warum ist der Baum gekippt? War es ein Blitzeinschlag? War er morsch oder hat jemand nachgeholfen?

Herbstblätter

Herbstblätter beginnen sich zu färben

Blätterpfütze

Pfütze mit Herbstblättern


Bunte Blätter laden mich dazu ein, das Farbspiel der Natur zu bewundern. Als Biologin kenne ich die biochemischen Prozesse, die im Herbst in den Pflanzen ablaufen, als Autorin kann ich mir neue Möglichkeiten fernab der Biologie ausdenken. Wie wäre es mit Kobolden? Sie wissen, dass der Winter kommt und noch haben sie nicht alle Farben aufgebraucht. Über den Winter gefrieren die Farben und so färben sie alles bunt, um vor der kalten Jahreszeit noch ein Feuerwerk aus Farben für alle zu zaubern. Eine Idee, mit der ich weiterarbeiten könnte. Mal sehen, was ein paar Schritte weiter auf mich wartet.

Rohrkolben

Rohrkolben am Feldweg

Weiden am Wegrand

Weiden am Wegrand

Rohrkolben, Weiden … Da ist Wasser nicht weit. Beides sind Pflanzen, die in feuchten Gebieten zu finden sind. Auch hier meldet sich zunächst die Biologin. Mein Wissen über die Natur ordnet zügig ein paar Informationen zu, aber es bleiben noch einige Lücken und viel Spielraum, um Neues zu entdecken. Ich erahne zwischen Feld und Weg den Bachlauf. Die Pflanzen rascheln im Wind, zwei Enten fliegen aus dem Dickicht empor. Sinneseindrücke und Fachwissen verwischen, machen der Inspiration Platz. Was wäre, wenn versteckt unter den letzten Blättern der Weide, am Fuß der Rohrkolben ein Treffen stattgefunden hat? Nicht irgendeins, sondern ein ganz spezielles. Ein Treffen der zwei Enten mit Wasserflöhen, einer Kröte, einigen Mücken und drei Spatzen. Wozu? Nun, ich habe sie gestört, aber nur die Enten haben sich schnell auf den Weg gemacht, um die anderen Tiere zu warnen. Vor mir natürlich. Eigentlich wollten sie … Tja, was? Komm weiter, vielleicht finden wir es heraus.

Baumstumpf

Baumstumpf voller Leben

Baumstumpf

Ein winziger Urwald am Baumstumpf

Baumstumpf

Moos am Baumstumpf – vermutlich Torfmoos

Baumstumpf

Pilze am Baumstumpf

Baumstumpf

Pilze am Baumstumpf


Die Enten sind verschwunden und nichts weist mehr auf das geheime Treffen hin, dabei möchte ich unbedingt herausfinden, was sie vorhaben. Die Weltherrschaft an sich reißen? Nein, zu plump. Mich von ihrem Feldweg vertreiben? Das passt auch nicht. Was zu diesem Baumstamm aber passt sind die Kobolde. Wer weiß, vielleicht wohnen sie hier? Versteckt zwischen Moos, Pilzen und anderen Pflanzen. Und die Enten? Vielleicht finden wir in der näheren Umgebung ein paar Hinweise.

Gebilde am Baum

Gebilde am Baum – ein Pilz? Insektennest?

Zinnoberschwamm am Ast

Zinnoberschwamm am Ast

Zinnoberschwämme am Ast

Zinnoberschwämme am Ast


Noch mehr Pilze … und immer noch keine Enten in Sicht. Aber die Kobolde haben die Pilze herrlich bunt gefärbt. Meine Inspiration jagt weiter Ideen. Vielleicht führen die Enten oder die Kobolde ja etwas im Schilde? Wer sind die Guten, wer die Bösen? Wollen die Kobolde vielleicht alle Farben klauen? Nein, dann wäre der Herbst nicht so schön bunt. Vielleicht soll ja auch alles noch viel farbenfroher werden? Aber sind dann die Enten die Bösewichte? Wollen sie womöglich die Kobolde stehlen, damit ihr Gefieder ständig in den schillernsten Farben leuchtet?

Herbstblätter, Brennesel und Gras mit Wassertropfen

Herbstblätter, Brennesel und Gras mit Wassertropfen

Hagebutten

Hagebutten

roter Wiesen-Klee

roter Wiesen-Klee

Fetthenne

Fetthenne in freier Wildbahn

bewachsenes Rohr

bewachsenes Rohr

Pfaffenhütchen

Pfaffenhütchen am Zaun


Hier sieht noch alles in Ordnung aus. Farbenfroher Herbst und Pflanzen, die menschliche Hinterlassenschaften überwuchern. Die Kobolde haben die Hagebutten leuchtend rot gemalt und doch bleiben die Enten verschollen. Wollte mir meine Inspiration einen Streich spielen? Vielleicht, aber wichtiger ist doch, dass ich diese Fetzen nutzen kann, um daraus ein neues Märchen zu spinnen. Die Kobolde sind ein schöner Ansatz, wenn ich nun noch mehr über die Enten herausfinde …

Mensch und Natur

Mensch und Natur

Tor mit Gräsern

Tor mit Gräsern

Ackerwinde am Zaun

Ackerwinde am Zaun


Oh! Ein Tor und ein Zaun. Natürlich! Die Enten kommen aus einer anderen Dimension. So muss es … nicht sein. Andere Dimensionen sind toll für Urban Fantasy oder Science Fiction, aber im Märchen passen sie weniger. Da haben Tore andere Bedeutungen. Königreiche, die wieder vereint werden wollen oder aber Freiheit, neue Möglichkeiten. Was wäre, wenn die Enten mit der Kröte, den Wasserflöhen, den Mücken und den Spatzen dafür kämpfen, den Kobolden die Freiheit zu schenken? Seit Jahrhunderten ist es so, dass der Winter trist und grau ist, die Farben gefrieren bei der Kälte und nun überlegen alle Tiere, wie sie die Menschentechnik dazu nutzen können, um auch dem Winter ein wenig Farbe zu geben.

Xanthoria Parietina

Xanthoria Parietina, die goldgelbe Wandflechte

Hiermit zum Beispiel. Die Elektrozäune führen Strom – wäre das nicht eine gute Wärmequelle? Vor allem sind die Krustenflechten so schön gelb. Ein leuchtendes Bild für den Winter.

Pfaffenhütchen

Pfaffenhütchen – Euonymus europaeus

Mühlengraben

Mühlengraben zugewachsen

Feuerdorn

Feuerdorn

Der Herbst leuchtet und trägt gar märchenhafte Farben. Vor allem aber gibt es eine vielzahl Pflanzen und Tiere zu entdecken. Was die Enten nun vorhaben und welche Rolle die Kobolde wirklich spielen habe ich noch nicht herausgefunden. Was nicht ist, kann ja noch werden. In einem neuen Märchen zum Beispiel.

Wenn ich in der Natur bin kommen mir viele Ideen. Nur einen Bruchteil verwende ich in meinen Texten, dafür sind es zu viele. Wichtig ist für mich, dass die Inspiration fließt und ich weiß, dass jederzeit neue Märchen entstehen können.

Nasse Schuhe

Nasse Schuhe

Motiviert und von meiner Muse geküsst, laufe ich also nach Hause. Meine Schuhe sind feucht vom Gras, doch das macht nichts. Das Leder wird trocknen, aber die Quelle meiner Ideen sprudelt.

Märchensommer

Auch dieses Jahr hat die liebe Anne Zandt aka Poisonpainter wieder den Märchensommer ins Leben gerufen. Ich freue mich, ein Teil davon sein zu dürfen. Schau vorbei. Es gibt noch viele andere spannende Beiträge rund um das Thema Märchen. Auch ein Interview mit mir ist dabei. Zudem gibt es mehrere Gewinnmöglichkeiten und eine Märchen-Rallye.

Wie sieht es mit dir aus?

Fragst du dich manchmal, woher andere ihre Inspiration nehmen? Ich finde es immer wieder spannend zu lesen und zu hören, woraus Geschichten entstehen. Was inspiriert und motiviert dich?



Laura Kier

»Träume verändern die Zukunft. Doch erst wenn wir die Augen öffnen, können wir sie verwirklichen!« Mit diesen Worten in Gedanken, schafft Laura Kier magische, mystische und vielleicht auch gefährliche Welten voller Abenteuer, die Lichtfunken in dein Leben tragen können. Sie lädt mit ihren Texten Leser:innen ein, den eigenen Träumen zu folgen. Neben dem Schreiben genießt sie die Natur, liebt das Leben und ist vielfältig kreativ unterwegs, wenn ihre beiden verspielten Katzen es erlauben.

4 Comments

Caroline · 27. Juni 2018 at 12:58

Liebe Laura, danke für den tollen Beitrag.
Woher stammt meine Inspiration? Manche Geschichten wollen bei mir einfach erzählt werden, da kommen die Ideen von ganz alleine, wie gerade jetzt bei meinem Roman. Manchmal sehe ich richtig die Szene vor meinem inneren Auge, während ich schreibe, so, als ob mein Unterbewusstsein schon vorher weiß, was ich schreiben will. Andere Ideen finde ich natürlich auch bei meinen vielfältigen Aktivitäten/Naturausflüge oder auch beim Lesen. Manchmal ist es nur ein Wort oder ein Satz, die bei mir gleich wieder neue Assoziationen auslösen. Auch von meine Erfahrungen und Erlebnissen inspiriert, entstehen neue Ideen. Auch Bilder/Fotos oder auch starke Gefühle bringen mich auf neue Geschichten/Gedichte. So viel wie du habe ich ja noch nicht geschrieben. Manchmal küsst mich auch einfach eine Muse. 🙂

Liebe Grüße
Caroline

    Laura Kier · 30. Juni 2018 at 10:53

    Liebe Caroline,
    so wenig hast du aber auch nicht geschrieben. Für mich zählt aber nicht die Quantität. Qualität, dranbleiben und vor allem Freude am Lernen sind mir viel wichtiger. Mit der Inspiration legen wir den Grundstein. Wenn der da ist, können wir damit weiterarbeiten und an unseren Texten feilen bis wir zufrieden sind. Mein Notizbuch (sowohl digital, als auch auf Papier) ist gut gefüllt und das gibt mir ein absolut beruhigendes Gefül. Auch wenn ich mal nicht inspiriert bin, weiß ich, wo ich Ideen nachschlagen kann und vor allem weiß ich, dass mir die Projekte nicht ausgehen.
    Vielen Dank für deine Gedanken. Ich finde diesen Austausch sehr spannend und sehe viele Parallelen bei uns beiden. Im Endeffekt kann mich alles inspirieren und das ist für mich immer wieder faszinierend.
    Alles Liebe dir
    Laura

buchstabenwiese · 16. Juli 2018 at 15:58

Hallo, liebe Laura,
ob es auch ein Märchen ist, dass ich mal wieder vorbeischaue? 😉
Nein, ich bin ganz real, obwohl ich ja Märchen liebe. Aber wer weiß, vielleicht bin ich ja auch nur ein Märchen, eine Märchenfee oder so. 😉
Märchenhafte Grüße,
Martina, die Märchenfee 😉

    Laura Kier · 19. August 2018 at 19:51

    Huhu liebe Martina,
    oh, deinen Kommentar habe ich ja fast übersehen. Geht ja mal gar nicht! Du bist auf jeden Fall eine tolle Märchenfee. Ich freue mich, dass du vorbeischaust 🙂
    Alles Liebe dir
    Laura

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