Verwachsen

Published by Laura Kier on

Manchmal überkommt mich das Gefühl, als würden sich zahlreiche Ranken um meine Füße schlingen. Mit ihren Wurzeln ketten sie sich an mir fest und ziehen den Knoten zu. Ich habe viele Pläne, Wünsche und Hoffnungen. Dennoch bekomme ich Dämpfer verpasst, die mich zwingen, langsam und schrittweise vorzugehen. Wahrscheinlich ist es sogar besser, nichts zu überstürzen. Doch, die Ungeduld …

Geduld lernen

Wenn ich eins in den letzten Jahren gelernt habe, dann ist es Geduld. Denke ich zumindest häufig. Trotz allem merke ich oft genug, das dies nicht der Fall ist. Die Ungeduld überfällt mich. Ich kann mich nicht bremsen und würde am liebsten alles sofort tun, haben und umsetzen wollen. Im Moment betrifft das Gefühl vor allem zwei Bereiche: Meine Gesundheit und das Schreiben. Aber ich stecke fest. Beide Aspekte sind so eng ineinander verzahnt, dass sie sich gegenseitig bedingen. Fehlt mir die Konzentration oder halten Schmerzen meine Aufmerksamkeit gefesselt, komme ich nicht dazu, meine Kreativität wachzurufen. Andersherum setze ich mich leicht unter Druck und peitsche mich zu Taten, die sich negativ auf mein Wohlbefinden auswirken. Schreibe ich aber nicht, lasse meine Welten ruhen, werde ich unruhig und unzufrieden.

Ein Teufelskreis? Sicherlich. In den letzten Tagen habe ich für mich erkannt, dass viele Teile meines Lebens eng miteinander verbunden sind. So wie sich eine Ackerwinde um andere Pflanzen wickelt, so winden sich das Schreiben, meine Gesundheit und weitere Facetten umeinander. Alles zusammen bin ich. Dennoch schiebe ich häufig einzelne Teilbereiche zur Seite. Versuche sie zu ignorieren.

  • Mir geht es nicht gut. – „Macht nichts. Du kannst immer noch … [ergänzen mit diversen Tätigkeiten]“.
  • Ich habe keine Lust. – „Na und? So wirst du nie deine Ziele erreichen. Also auf ans Werk!“
  • Ruhe? Davon komme ich nicht weiter. – „Stimmt genau! Tue lieber etwas und sieh zu, deine Träume zu verwirklichen.“

Herrliche Gedanken. Druck und Stress sind da vorprogrammiert. Ebenso die Ungeduld. Schneller, höher, weiter geht nicht? Raff dich auf, alles ist möglich. Sagen doch auch immer wieder andere. „Nur die Einstellung zählt.“ – Klar. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass die Einstellung entscheidend ist, aber es kann zu einem Spiel mit dem Feuer werden.

Wheeeeee – das Karussell dreht sich

Ich kann, ich will und überhaupt …! Mir geht alles zu langsam. Warten. Achtsam sein, neu orientieren. Definitiv wichtige Aspekte. Genauso positiv Denken und auf die Zukunft vertrauen. Für mich Gedankengänge und Gefühle, die tief in mir verwurzelt sind. Trotzdem gibt es Tage, an denen ich schwarz sehe. Plötzlich wird die Welt um mich herum dunkel. Die Ackerwinden zerren an mir und ich fühle mich, als würde mich jeder neue Gedanke in eine andere Richtung treiben. Bis das Karussell stoppt und ich resigniert in die Dunkelheit stürze.

Kein Zustand, in dem ich es lange aushalte. Ich hasse nichts mehr, als untätig zu sein. Die Ruhe und Stille der Schwärze sind zwar angenehm. Auch mag ich es, mich fallen zu lassen. Doch sehne ich mich schnell nach Aktivität. Nach dem Licht und den Blüten in meinem Garten. Also winde und drehe ich mich, schüttel die Ranken ab, die mich in die Tiefe ziehen. Unbekannte Wege erwarten mich. Herausforderungen und Ideen.

Verwachsen

Verwachsen. Eng umflochten: Ackerwinde und Gräser

… und dann werfe ich einen Blick auf die Pflanzen in meinem Garten. Die Ackerwinde hat Gräser und Halme miteinander verflochten. Zwingt sie zusammen und bringt mich dazu, über mein Leben nachzudenken. Wer bin ich? Wohin will ich gehen? Wie erreiche ich meine Ziele? Wo sollte ich warten und nichts überstürzen?

Wurzeln schlagen

Spüren, wo ich sicher verankert bin.“ Vermutlich ist das zur Zeit die Antwort auf die meisten meiner Fragen. Wo liegen meine Grenzen? Wo stehe ich auf beiden Beinen und wo kann ich über mich hinauswachsen? Es ist alles andere als einfach. Dennoch gefällt mir der Gedanke, dass ich mit Geduld und Achtsamkeit herausfinden kann, wie Ackerwinden und andere Ranken sich um mich geschlungen haben. Sie verwurzeln mich, zurren mein Leben zusammen. Manchmal sind die Fesseln zu eng, aber im Normalfall helfen sie mir, meine Grenzen zu erkennen.

Gefühl von Grenze darf nicht heißen: hier bist du zu Ende, sondern: hier hast du noch zu wachsen.
Emil Gött

Ich mag das Zitat von Emil Gött. Mittlerweile hat es sich in meinen Verstand eingegraben. Für mich sind Grenzen ein Hilfsmittel geworden, um über mich selbst hinauszuwachsen. Ich lerne, meine Beschränkungen zu erkennen und dann mein Leben entsprechend zu gestalten. Ich bin niemand, der sagt: Da stecke ich fest und komme nicht weiter. Nein, wenn ich merke, dass ich stehen bleibe und die Knoten sich um mich zuziehen, dann suche ich nach Möglichkeiten. Manchmal genügt es, einen Schritt zurückzugehen, damit ich eine alternative Richtung einschlagen kann. Ein anderes Mal hilft es abzuwarten und mit Geduld den Hindernissen zu begegnen. Bei anderweitigen Blockaden ist Kreativität gefragt. Aber egal was ich tue, ich merke, dass Achtsamkeit und Ruhe die wertvollsten Schlüssel für mich sind. Ohne kann ich weder meine Kreativität noch andere meiner Fähigkeiten entfesseln.

Meine Ziele kenne ich. Ebenso meine Wünsche und Träume. Es ist also an der Zeit, meine Wurzeln in die Erde zu treiben. Jetzt sind sie noch nicht stark genug, aber mit ausreichend Geduld werde ich es als Autorin schaffen. Auch meine Gesundheit bekomme ich in den Griff. Es dauert und ich brauche Zeit. Doch aufgeben und mich von Ranken oder anderen Widrigkeiten fesseln lassen, kommt für mich nicht in Frage.

Wie sieht es mit dir aus?

Übst du dich in Geduld, wenn dir das Leben einen Dämpfer verpasst und du deine Ziele nicht so schnell erreichen kannst, wie du möchtest? Weißt du, wie du deine Wünsche erblühen lässt, tust es aber trotzdem nicht? Warum?



Laura Kier

»Träume verändern die Zukunft. Doch erst wenn wir die Augen öffnen, können wir sie verwirklichen!« Mit diesen Worten in Gedanken, schafft Laura Kier magische, mystische und vielleicht auch gefährliche Welten voller Abenteuer, die Lichtfunken in dein Leben tragen können. Sie lädt mit ihren Texten Leser:innen ein, den eigenen Träumen zu folgen. Neben dem Schreiben genießt sie die Natur, liebt das Leben und ist vielfältig kreativ unterwegs, wenn ihre beiden verspielten Katzen es erlauben.

4 Comments

Vanessa · 17. September 2016 at 11:00

Hm, ein schwieriges Thema. Jeder hat solche Tage, an denen einfach nichts funktioniert, zumindest nicht schnell oder gut genug. Auch ich hatte in letzter Zeit Momente, in denen ich mich gefragt hab, warum ich mir die ganze Mühe überhaupt antue. Warum hab ich eigentlich nicht eine „ordentliche“ Ausbildung gemacht, damit ich im Buchhandel oder in Bibliotheken oder sonstwo arbeiten kann, wo ich mir keine Sorgen darum machen muss, gut genug zu sein, Kunden und Aufträge an Land zu ziehen.

Aber das geht vorbei. Instinkt oder genug Zeit helfen meistens, deshalb kann ich wohl nicht viel dazu sagen. Besinne dich darauf, was du wirklich willst, und frag dich, ob nicht nur Erschöpfung oder Frustration oder der Schmerz aus dir spricht. Das ist wohl das Beste, was man tun kann. 🙂

    Laura Kier · 1. Oktober 2016 at 11:52

    Huch, irgendwie habe ich deinen Kommentar komplett übersehen *rotwerd*
    Den Punkt mit der „ordentlichen“ Ausbildung kann ich gut nachvollziehen. Als Wissenschaftlerin komme ich zwar noch sehr gut weg, aber in meinem Fachbereich direkt etwas zu bekommen ist nahezu unmöglich. – Ich denke auch, dass wir beide mit Zeit und Geduld unseren Weg gehen werden. Danke für deinen lieben Worte.

Caroline · 27. Oktober 2016 at 12:58

Ich lebe u. a. nach dem Motto „Das Glück hat der Geduldige!“. Alles hat seine Zeit. Natürlich bin auch ich manchmal ungeduldig und will nicht mehr warten. Dann aber besinne ich mich darauf, dass mein Weg eh der beste und einzig richtige für mich ist (keiner hat ja den gleichen) und dass ich im Fluss des Lebens stehe und dann geht es wieder. Wenn ich merke, es sind große Widerstände von Außen da, dann ist entweder nicht die richtige Zeit dafür oder es soll in diesem Leben halt einfach nicht sein oder ich überlege, wo ich vielleicht Widerstände dagegen aufgebaut habe, die mir im Außen gespiegelt werden. Manchmal sind Widerstände auch eine Prüfung, ob man es wirklich ernst mit seinen Wünschen/Zielen meint. Lernen und Aktivität sind mir auch sehr wichtig, aber ich nehme mir dann bewusst immer wieder Zeit ganz für mich allein, um mich zu erden und zu reinigen, um wieder ganz ich sein zu können. In meiner Mitte zu sein, ist ganz wichtig für mich. Ich bin sehr spürig, da wäre ich sonst schnell überfordert und könnte mich nicht mehr abgrenzen.

Alles Gute für deinen weiteren Lebensweg,
Caroline

    Laura Kier · 31. Oktober 2016 at 06:05

    Ich mag deine Gedanken. Vor allem mit dem Motto vom Glück. Das werde ich mir auf jeden Fall merken. Danke!
    Dein Denken über Widerstände finde ich sehr spannend. Eine Sichtweise, die ich verinnerlichen möchte. Vielen Dank für deine tollen Ideen, liebe Caroline.

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