Drachenlachen
frech und fröhlich
Mino will uns vernichten. Oder schlägt sein Drachenherz für etwas anderes?
Ruckartig zerrte Lani an der Tüte, die sich um ihre Schwanzflosse gewickelt hatte. Nach einigen Versuchen zerriss das Plastik und sie stopfte den Beutel in einen aus Algen geflochtenen Sack. Er war voll bis oben hin. Angefüllt mit Plastiktüten, Flaschen, Zahnbürsten und sogar drei Rasierklingen.
Lani funkelte den Müll wütend an. »Was für ein Mist!« Sie band den Sack zu und ergriff die Schnüre. Dabei achtete sie darauf, dass sie sich nicht mit dem Führungsseil verfingen, das in die Tiefe führte.
Mit geschlossenen Augen schwamm sie zur Oberfläche. Sie hätte nur die Arme ausstrecken brauchen, um weiteren Unrat für ihren Sack zu greifen. Was sie gerne getan hätte, wenn denn darin noch Platz gewesen wäre.
Einige kräftige Schläge ihrer Schwanzflosse brachten sie zur Wasseroberfläche. Sie öffnete die Augen und sah sich um.
Das Licht des Mondes warf verzerrte Schimmer auf die Wellenkämme. Sie war früh in der Bucht angekommen. Noch war ihre Partnerin nicht am Strand zu sehen.
Früher hatte Lani hier Liebespaare beobachtet, die sich im Sand wälzten. Noch vor drei Jahren tanzte hier eine Menschengruppe um ein Lagerfeuer. Heute Nacht war niemand am Strand.
Natürlich nicht.
Überall lag Plastik und anderer Müll. Windeln, Flaschen, verrostete Konservendosen und sogar angeblich wertvolle Metalle aus technischen Geräten. Wer immer das einsammelte, hätte für mehrere Tage ein Einkommen. Aber für eine Säuberung war dieser Strand zu weit von den Touristengebieten entfernt und damit unwichtig.
Lani schwamm zu einem Felsen. Flach ragte er aus dem Wasser und bot ihr ausreichend Platz zum Warten. Bevor sie hinaufkletterte, hievte sie den Müllsack auf den Stein.
Der Fels war noch warm vom Tag. Der Wind dagegen wehte bereits kühl und kündigte die herannahenden Winterstürme an. Nichts Ungewöhnliches. Trotzdem war etwas anders als sonst.
Lani kniff die Augen zusammen . Sie hatte das Gefühl, beobachtet zu werden. Abermals ließ sie ihren Blick über den Strand schweifen. Da war immer noch niemand. Trotzdem kribbelte ihre Haut. Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper und überlegte, wieder ins Wasser zu gleiten, ohne zu warten, dass Maria ihre heutige Lieferung entgegennahm.
Ganz klar: Sicherheit war wichtiger! Sie stieß sich ab – und prallte am Rand der Felsplatte gegen einen hochstehenden Stein, der bis eben noch nicht dagewesen war. Mit aufeinander gepressten Lippen rieb sie über die schmerzenden Hände. Zu langsam entschieden!
Frech und fröhlich sind sie, die kleinen Drachen. Was keineswegs bedeutet, dass sie nur liebe, nette und harmlose Haustiere abgeben. Und noch weniger bedeutet es, dass sie einen Menschen als Herrn anerkennen. Als Partner, vielleicht. Als Freund, auch das ist möglich. Aber niemals als Herren.
Der Drache, der einem Befehl so brav wie ein Hund folgt, muss erst noch geboren werden. Ach, Entschuldigung: aus dem Ei schlüpfen!
Genres: Fantasy
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